Der Karneval in Venedig ist bestimmt bei vielen Fotograf*innen ein Event, das sie gerne einmal besuchen und erleben möchten.
Es mag allen klar sein, dass bei einer solchen weltweit bekannten Veranstaltung es kein Recht auf „ungestörte Fotosessions“ geben kann. Und wer wie ich nicht der Typ ist, sich mit Fotoausrüstung und Ellenbogen einen Platz in der ersten Reihe zu verschaffen, mag eventuell enttäuscht aus dem Carnevale di Venezia zurückkehren.
Damit dies nicht so ist und damit neben anderen Fotoapparaten und dem zugegebenerweise ästhetischen unbehaarten Hinterkopf des „Me,Myself & I“ Dränglers sich doch ein paar tolle Motive unter den mitgebrachten Bildern finden, habe ich hier ein paar Tipps gelistet.
Die Qual der Wahl
Venedig hassen oder lieben. So kommt es mir vor, wenn ich mich mit Bekannten unterhalte. Für Fotobegeisterte ist Venedig an sich schon ein unendlicher Fundus an Motiven. Der Carnevale zeigt Venedig noch einmal in einem anderen Licht.
Was gleich bleibt: Die schiere Masse an Touristen, zu denen wir Fotobegeisterte uns ehrlicherweise auch zählen müssen.
Aber es gibt Möglichkeiten, der grossen Masse zu entkommen. Entweder durch die Zeitplanung oder durch die Auswahl an geeigneten Orten.
Fangen wir mal an:
1. Markusplatz vor Sonnenaufgang
Zur Zeit des Karnevals ist es in Venedig morgens um sechs Uhr dunkel und meist auch kalt. Und trotzdem sollten wir die warme Bettdecke hinter uns lassen, das am Abend vorbereitete Kameraequipment schnappen und rechtzeitig am Markusplatz sein.
Die „normalen“ Touristen sind noch nicht da und das Licht ist toll. Der Himmel bekommt langsam Farbe, manche Maske haben Laternen dabei oder die Kostüme haben eine eigene Beleuchtung. Als Hintergrund bietet sich der Dogenpalast an oder man kann Bilder in den Arkaden machen.
Und so kurz nach 8 Uhr kann man sich ein Pannini und einen Espresso gönnen und sich aufwärmen.

2. Ab in die Gassen
Auch die Masken, die sich am Morgen am Markusplatz getroffen haben, werden sich eine Pause gönnen. Trotzdem gibt es auch welche, die sich das morgendliche Shooting nicht gegeben haben und jetzt durch die Gassen Venedigs flanieren. Die meisten Masken lieben es auch ein wenig ruhiger, so dass man immer wieder an stillen Ecken jemanden findet und auch fotografieren kann. Und neben dem Hauptmotiv Karneval bieten sich ja sowieso sehr fotogene Motive in der Stadt an.

3. Abendstimmung auf San Giorgio Maggiore
Die Insel San Giorgio Maggiore ist nicht unbedingt ein Geheimtipp und naturgemäss ist diese Location am spätnachmittag nicht nur von Maskenträgern und -Trägerinnen belegt, sondern Fotobegeisterte aller Couleur treten sich gegenseitig auf die Füsse.
Interessante Motive bieten sich aber trotzdem, die Abendsonne bietet sich für stimmungsvolle Gegenlichtaufnahmen an; leider kann das Fotografieren manchmal ein wenig anstrengend sein, da es einige Bildermacher „sehr wichtig“ haben.
Trotz allem lohnt es sich die „Goldene Stunde“ dort einzufangen.
Zur Insel kommt man mit dem Vaporetto 2 von San Zaccaria.

4. Chiesa di San Zaccaria
Oftmals sind die Masken, bevor sie zum Sonnenuntergang nach San Giorgio fahren, noch an der Kirche San Zaccaria zu sehen. Ein wenig ist es fotografisch eine Herausforderung, da besonders bei Sonnenschein am Nachmittag die Licht- Schatten-Kontraste sehr hoch sind. Trotzdem ist ein Besuch sicher lohnenswert, auch wenn es dort immer sehr eng ist und vor allem eben nachmittags schon viele Touristen sich unter das Volk mischen.

Überhaupt ist es natürlich ab spätem Vormittag an sehr überlaufen und für stimmungsvolle Maskenfotos fast unmöglich. Trotzdem möchte man seine Kamera am liebsten nicht weglegen.
Welche Ausrüstung
Damit kommen wir zur Ausrüstung.
Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass wir in Venedig während des Karnevals uns die Stadt mit ungefähr drei Millionen Menschen teilen.
Deshalb:
Weniger ist Mehr
Obwohl die meisten Menschen sehr freundlich und rücksichtsvoll sind, sollte man sich selbst nicht unter Stress setzen und mit der gesamten Fotoausrüstung durch Venedig ziehen. Venedig is eng und durch die vielen Menschen sogar manchmal sehr eng. Auch ein Wechsel des Objektivs tagsüber an einer stillen Ecke mag zur Herausforderung werden.

Teleobjektiv
Eine lange Brennweite gibt einem die Möglichkeit, auch im Getümmel aus einer Entfernung schöne Detailaufnahmen zu machen und zum anderen auch, die Masken von der Umgebung freizustellen..
Weitwinkel

Mit einem Weitwinkelobjektiv kann ich eher ganze Kostüme aufnehmen, muss natürlich bei der Verzeichnung aufpassen. Inmitten vieler Menschen ist ein Weitwinkel veilleicht nicht so geeignet, in den Seitengassen bieten sich jedoch viele Gelegenheiten, auch die Umgebung mit aufzunehmen, die ja für den Carnevale di Venzia auch typisch ist.

Ich persönlich habe ein Telezoom 70-200 mm und ein 24-70 mm dabei und entscheide mich dann für eines der beiden pro „Durchgang“
Blitzgerät
Insbesondere beim Shooting am Dogenpalast in der Morgendämmerung, aber auch sonst ist ein Blitzgerät von Nutzen. Die Funktionen sollte man sich vorher zu Gemüte führen, denn es ist kaum etwas so stressig wie ein Blitzgerät, welches nicht so funktioniert wie man möchte.

Hab Spass und sei nicht so verbissen
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass wir mit vielen anderen Menschen unterwegs sind, die alle fotografieren wollen. Alle wollen unwiederbringliche Situationen festhalten, wollen das besondere Foto machen.
Freundlich bleiben, ein Lächeln wagen, mit anderen einfach Freude am Geschehen haben ist viel wichtiger, als um DAS Foto zu kämpfen. Rücksichtnahme wird auch von den Maskenträger:innen honoriert und oftmals geben sie einem einen persönlichen Augenblick.
Entspannt sein und mal auf ein Foto verzichten bringt einem das Flair weitaus näher als mit Ellbogen und Kamera im Anschlag gegen die Konkurrenz zu kämpfen. Nehmt mal die Kamera vom Auge und geniesst Carnevale di Venezia live.
Visitenkarten
Die Maskenträger:innen verbringen viel Zeit damit, ihre individuellen Kostüme anzufertigen. Und sie investieren viel Geld sowohl für die Kostüme als auch für die Reise nach und den Aufenthalt in Venedig. Oft bekommen die Fotografierenden eine Visitenkarte von den Masken angeboten. Das bedeutet, dass sie gerne Fotos von sich zugeschickt bekommen möchten.
Und damit beginnt dann auch das Schöne: Die Kontaktaufnahme, die anschliessende Kommunikation und im Jahr darauf vielleicht sogar die Möglichkeit eines privaten Shootings.
